Von Stolperstein, Scham und Symbolik

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Grabstein der Familie Bermann auf dem jüdischen Friedhof in Kusel

Kusel, Mai 2019

„Wie denkt Ihre Generation über uns, über die Geschichte?“, fragt Frau Ulrike Nagel, die Bürgermeisterin von Kusel, Lucy Barten, Paula Bermanns Ururenkelin, während des Abschiedsessen am Montagnachmittag. Lucy, fast 18, lächelt und sagt, ihre Generation denke nicht mehr an Schuld oder den “schlechten” Deutschen. Aber dass der Holocaust natürlich ein unauslöschlicher Teil der Familiengeschichte ist.
Frau Nagel findet es bewegend, dass Lucy und die Familie nach Kusel gekommen sind. “Ich komme aus der Generation, die sich schämt. Schande für das, was unsere Eltern dir angetan haben.”
Scham und Schuld mieten manchmal beide ein Zimmer im selben Haus.

Die Bearbeitung des Tagebuches Diese entgleiste Welt hat Elma Drayer letztes Jahr so sehr beschäftigt, dass sie nach Konken und Kusel gereist ist. In Konken besuchte sie das Haus, in dem Paula Bermann geboren wurde, in Kusel das Haus, in dem die Familie Bermann lebte, seit Paula zehn Jahre alt war.
In der örtlichen Buchhandlung kaufte Elma Drayer eine Buch über die Geschichte der kleinen jüdischen Gemeinde in Kusel. Die Familie kontaktierte den Autor Gerhard Berndt im Namen der Familie.

Infolgedessen reisten einige der Verwandten am vergangenen Wochenende auf Einladung der Stadt Kusel, des Ehepaares Gerhard und Regina Berndt und des Arbeitskreises Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung nach Deutschland, um an der Platzierung des Stolpersteins in Erinnerung an Paula Bermann teilzunehmen.

Nachmittags gingen wir mit Gerhard Berndt entlang anderer sogenannter Stolpersteine in der Stadt. Er erzählte von der Geschichte der Judenverfolgung in Kusel und wies auf mehrere Gebäude und Häuser hin, die in der Geschichte der Familie Bermann eine Rolle spielten.
Über 100 Menschen waren am Abend zum Rathaus gekommen für die Lesung.

Montagmorgen durften wir früh aufstehen. Um acht Uhr ging es nach Konken, dem Geburtsort von Paula Bermann. Das Ehepaar Feyer, das im Geburtsort lebt, begrüßte die Familie herzlich. Im Hof stand ein Tisch mit Schnaps und einem Snack.

Danach wurde der jüdische Friedhof besucht. Es gibt eine Reihe von Verwandten von Paula Bermann, einschließlich ihrer Eltern. In einem kleinen Kreis wurde der Kaddisch den Trauernden vorgelesen. Der Grabstein erwies sich als zerstört. Vor zwanzig Jahren haben Neonazis auf dem alten Friedhof 23 Steine zerschlagen.

Zurück in Kusel wurde die Gartenstraße abgesperrt und interessierte Personen und Studenten des Gymnasiums kamen zusammen, um an der Verlegung des Stolpersteins für Paula Bermann teilzunehmen.
Nach einem kurzen Willkommenswort von Reverend Ulrich Reh sagte die Bürgermeisterin, sie sei zutiefst betroffen, dass die Familie nach Kusel gekommen sei. Frau Larissa Janzewitsch, stellvertretende Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Rheinland-Pfalz, freute sich, dass so viele Schulkinder an diesem Denkmal beteiligt waren. Das macht Mut für die Zukunft.

Ein Familienmitglied bedankte sich bei allen Beteiligten und sagte, dass die Platzierung des Stolpersteins der Familie zugute komme. Als ob Paula Bermann sich mit ihrer Familie wiedervereinigt hätte. Und mit der Stadt Kusel.

Sie drückt auch Hoffnung aus, dass die Stimme ihrer Großmutter dauerhaft mit der Stadt verbunden bleibt. Eine Stadt, die Paula Bermann, so schreibt sie in ihr Tagebuch, einen Tag nach dem Krieg mit ihren Kindern besuchen wollte, weil sie so gute Erinnerungen daran hat.

Der Stolperstein wurde dann von Lucy Barten, Paula Bermanns siebzehnjährigem Ururenkel, platziert. Schüler spielten Que sera sera und Hava Nagila.

Zwei Schüler lesen auch ein Gedicht, in dem sie aufgefordert werden, wachsam zu bleiben.
Der zerschlagene Grabstein der Familie zeigt, dass dieser Anruf nicht überflüssig ist.

In diesem Sinne ist dieses Grab ein Symbol. Ein Symbol für eine Welt, die einfach so aus der Bahn geraten kann.

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